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Samstag, 7. Juni 2014

Wow - was für ein Tag!


Nach einer Nacht, die wir alle im Tiefschlaf verbracht haben - obwohl unter uns in der Straße die Party tobte - bereiteten wir uns mental auf unseren ersten Auftritt vor. Um 9.00 Uhr luden wir unser Equipment in den Bus, der uns zu dem Dritten Gymnasium Sarajevos fuhr. Es dauerte ungefähr eine 3/4 Stunde, um aus dem kreativen Chaos in der relativ kleinen Aula eine sinnvolle Sitzordnung zu basteln - heisst: hinten auf der Bühne die hiesige Band, davor unsere letzte Bläserreihe, direkt vor der Bühne der bosnische Mädchenchor und schliesslich in zwei Reihen und über Eck das restliche Orchester.

Unser sprachbegabter Herr Philippi managte die Probe in grösster Souveränität und fand grossen Anklang bei unseren gastgebenden Schülern. Die gemeinsamen Stücke klappten nach einigen Absprachen und Wiederholungen so gut, dass sich bei einigen die ersten Gänsehäute einstellten - vor allem bei Jovano, Jovanke, dem mazedonischen Volkslied, welches sich völlig spontan zusammensetzte. Schon nach dieser ersten Probe fanden wir, dass sich die Grundidee unserer Fahrt erfuellt hatte!

Wir hatten anfangs keine konkrete Vorstellung von dem, was uns erwarten würde und waren mittags schon  begeistert! Das Konzert selbst war dann eine Fortsetzung, die unter dem Zeichen des gemeinsamen Musizierens stand an einer Schule, die offen ist fuer unterschiedliche Nationalitaeten. Unsere frisch gedruckten gruenen Polo-Shirts machten sich übrigens prima und hoben sich erfrischend gegen die schwarz gekleideten und behueteten Saengerinnen ab, die aber auch extrem suess aussahen (Zitat Philippi und Moellers)!



Dann hiess es: zurueck zum Bus und im Hostel alles wieder ausladen - schnell etwas essen - Instrumente schnappen (inklusive Schlagzeugeinzelteile, Verstaerker, Notenstaender und Co) und zu Fuss in 5 Minuten zur Musikakademie hinter der Kathedrale, wo wir in einen wunderschoenen Saal geleitet wurden. Wieder hatten wir keine Ahnung, was uns nun erwarten wuerde. Vormittags waren es ganz normale Schueler (wie wir) und jetzt sollten wir mit Schuelern ein Konzert geben, die Musik als Hauptfach hatten und seit 8-12 Jahren ihr Instrument spielten. Eine gewisse Einschuechterung war sofort spuerbar: hier schwebte ein Musikgeist, den wir in der Art nicht kannten. Aber die Erstellung der Sitzordnung brachte uns erst einmal auf andere Gedanken: die hiesigen Floeten, Klarinetten und Geigen mischten sich locker zwischen uns und die 10koepfige maennliche Akkordeongruppe bildete eine regelrechte Schneise in der Mitte.

Was nun kam, war der Hammer! Ein Erlebnis, das wir alle nicht so schnell vergessen werden und das unser Orchester bis in die kleinen Zehen elektrisiert hat!!! Herr Philippi dirigierte Pirates of the Carribean und dauernd huepfte Melita Čičić auf ihre Musiker zu und versuchte sie zu animieren. Schliesslich schlug Herr Philippi vor, sie moege doch das Zepter mal selbst in die Hand nehmen.

Dieses Angebot nahm sie sofort an und was nun folgte, kam einem Gewitter gleich: Sie animierte unsere und ihre Musiker mit einem Engagement und Ganzkoerpereinsatz, der einem Akrobaten den Schweiss auf die Stirn getrieben haette! Nachdem die Sehnder Mannschaft den ersten Schock ueberwunden hatte, investierte sie alle ihr zur Verfuegung stehende Aufmerksamkeit und Konzentration und schaffte es tatsaechlich, ihrer neuen Anfuehrerin zu folgen, was bedeutete, dass sie manche Passagen locker doppelt so schnell spielte wie gewohnt. Wir waren alle voellig ueberrascht, aber auch total begeistert - Herrn Philippi inbegriffen, der sofort beschloss, der "Gastdirigentin" auch fuer das Konzert am Abend die Leitung zu ueberlassen. Noch andere erstaunliche Dinge trugen sich zu, waehrend wir Kollegen bereits im Lehrerzimmer einen Kaffee zu uns nahmen: wir hoerten verschiedene, uns bekannte Passagen aus irgendeinem entfernten Raum - unsere Schueler UEBTEN! FREIWILLIG!


Das Konzert wurde in der ersten Haelfte von dem Akkordeonorchester und dem Sinfonieorchester der Musikschule bestritten, was einen fulminanten Anklang fand. Die gemeinsamen Stuecke gelangen ebenfalls hervorragend.

Die Schueler waren von der ersten Sekunde an aufmerksam und haben mitreissend gespielt. Ein tolles gemeinsames Musiziererlebnis! Dieses uebertrug sich auch tatsaechlich auf saemtliche weitere Stuecke, die dann noch folgten: von Jurassic Park ueber Simpsons bis hin zu Satellite erbrachten die Schueler Hoechstleitungen, von denen sie wahrscheinlich selbst nicht glaubten, dass sie dazu in der Lage waren.


Als dann schliesslich zum Abschluss wieder das mazedonische Volkslied Jovano, Jovanke erklang und das Publikum spontan begann mitzusingen, bekamen nicht wenige feuchte Augen. Die standing ovation zeigten uns, dass wir hier offensichtlich den richtigen Ton, die richtigen Toene getroffen hatten.



Bettina Griesbach

1 Kommentar:

  1. Wow, die Gänsehaut überträgt sich bis nach Deutschland. Viel Erfolg für eure weiteren Konzerte. Herzliche Grüße Kerstin Warneke

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